Innenminister hebt Verbot gegen "Ökonomie und Gesellschaft" auf

Der Bundesinnenminister hatte der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) im Juli vorläufig verboten, den Band "Ökonomie und Gesellschaft" aus der Reihe "Themen und Materialien" (TuM) zu vertreiben.  Ende Oktober rechtfertigte ein Ministeriumssprecher den Eingriff als vorübergehende Vertriebsaussetzung (Video der Bundespressekonferenz am 28.10.2015). Sehr auffällig war sein Versuch, den Innenminister selbst als Unwissenden und an der Zensurmaßnahme Unbeteiligten darzustellen. Zur Aufhebung des Vertriebsverbots siehe z. B. Spiegel, Neue Westfälische. Der Band kann wieder hier bestellt werden Mit seinem Verbot erfüllte das Ministerium eine Forderung der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Diese ministerielle Entscheidung kritisierte der Wissenschaftliche Beirat der Bundeszentrale auf seiner regulären Sitzung von Mitte Oktober. Mit überwältigender Mehrheit forderte er eine Aufhebung des Vertriebsverbots. Nach längerem Zögern hat das Ministerium den Band nun wieder freigegeben. Es verlangt aber eine Art Beipackzettel nach dem Motto "Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arbeitgeberverband oder Ihr Innenministerium". Die BDA hat Zitate aus dem von ihr bekämpften Band aus dem Zusammenhang gerissen, um ihre Kritik begründen zu können. Wir dokumentieren hier den Originalwortlaut eines von der BDA kritisierten Textes samt Kontext (S. 46). Das Original zeigt, dass diese BDA-Kritik gegenstandslos ist. Die Autoren des Bandes garantieren vielmehr eine kontroverse Debatte mit offenem Ergebnis.

„Welchen Vorteil hat das Engangement von Unternehmen für die Schüler/-innen, die Lehrer/-innen, die Eltern und die Verwaltung? Nehmen Sie dafür Stellung zu den beiden Kommentaren. Welcher Aussagen pflichten Sie bei?

a. «Die Öffnung von Schule ist unverzichtbar. Dazu zählt auch die Einbindung von Unternehmensvertretern bzw. -vertreterinnen in den Unterricht, die aus dem 'wahren' Leben berichten und auf das Leben nach der Schulzeit vorbereiten. Und wenn der Staat die Schulen nicht mehr ausreichend finanzieren kann, ist den Unternehmen doch für ihre Finanzierung von Renovierungsarbeiten zu danken.»

b. «Unternehmen haben an öffentlichen Schulen nichts zu suchen. Schulen werden aus Steuergeldern finanziert und sind zu Neutralität verpflichtet. Sie sind ein Ort, an dem Weltbilder geprägt und Kinder zu mündigen Bürgern erzogen werden sollen. Daher darf ausschließlich der Staat das Bildungswesen finanzieren.»" Die Berichterstattung über das Verbot und seine Aufhebung kann man hier verfolgen: Deutsche Gesellschaft für Soziologie, Ruhrbarone, stern, bento, spiegel online, LobbyControl, Netzpolitik.org, NachDenkSeitensueddeutsche.de, Neue Westfälische, Kölner Stadtanzeiger, Bundespressekonferenz, Verbraucherbildung, Berliner ZeitungSpektrum.de , DGB, Meedia, der Freitag, Der Spiegel, IG Metall WAP, NachDenkSeiten, Frankfurter Rundschau, IG Metall WAP, Deutschlandradio Kultur, Die Welt, Neue Westfälische, Deutscher Bundestag (S. 55), LobbyControlblasting news (Italien), ItaliaOggi, Gesellschaft für Politikdidaktik ... (GPJE),  Wer sich über Lobbyismus informieren will, der besuche auch die Bundeszentrale für politische Bildung: Starbucks oder café au lait - Lobbyismus in Washington und Brüssel m Vergleich, Lobbyisten als Politiker - und andersherum, Lobbyismus: Vetternwirtschaft oder Demokratieverstärker? Hier ein Interview zum Lobbyismus an Schulen mit Tim Engartner in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Reinhold Hedtke