Reale Chancen für Reale-Welt-Ökonomik?

In der jüngsten Ausgabe der real-world economics review (demnächst hier online) geht es u. a. - wieder einmal - um die Chancen einer grundlegenden Reform der volkswirtschaftlichen Ausbildung an den Hochschulen und um den Paradigmenwechsel der herrschenden Doktrin in der VWL.
Jack Reardon fordert "A radical reformation of economics education", kann aber nur marginale Änderungen in der doktrinären universitäten Lehre erkennen.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Arne Heise in seinem Beitrag "Some developments in the economic scientific community and the situation in Germany". Zwar seien die Kernelemente des herrschenden Paradigmas - die Theorie Rationaler Erwartungen und die Effizienzmarkthypothese - durch die globale Finanzkrise empirisch so massiv unter Druck geraten, dass man nicht einfach an den alten Theoriegewissheiten festhalten könne. Man müsse aber bezweifeln, ob diese Krise der Mainstream-Volkswirtschaftslehre an deutschen Universitäten wirksam werden könne. Dort habe der Generationswechsel gerade junge Mainstream-Wissenschaftler mit Professuren ausgestattet, von denen man einen Mentalitätswechsel kaum erwarten könne.  
Der Beitrag von Edward Fullbrook "To observe or not to observe: Complementary pluralism in physics and economics" geht von der Feststellung aus, dass es wissenschaftsgeschichtlich sehr selten sei, dass eine Großdisziplin in einem solchen Maße systematisch versagt habe, wie die wie die Volkswirtschaftslehre in der jüngeren Vergangenheit. Er kritisiert die in der VWL verbreitete Fehlvorstellung von Pluralismus in den Naturwissenschaften, insbesondere in ihrer Vorbilddisziplin, der Physik. Zum disziplinären Selbstverständnis der Physik gehöre der komplementäre Pluralismus, wie Aussagen herausragender Physiker wie de Broglie, Heisenberg, Bohn und Feynman belegen. Ohne diesen Pluralismus sei wissenschaftlicher Fortschritt kaum denkbar.
Das gelte auch in den Sozialwissenschaften. Hier aber komme hinzu, dass komplementärer Pluralismus notwendig sei zum Schutz der Demokratie. Physiker seien von Anti-Pluralismus und Empiriefeindlichkeit der volkswirtschaftlichen Theorie befremdet. Epistemologisch sei, so Fullbrook, die VWL degeneriert und es sei ein langer und harter Weg, wissenschaftstheoretisch an Ansehen zu gewinnen.
Garantiert OFF Sponsoring
Ein Beitrag Ohne fremde Finanzierung