Wem gehört die ökonomische Bildung?

Wirtschaftsverbände und ihnen nahestehende Organisationen fordern nicht nur ein eigenständiges Schulfach Wirtschaft. Sie wollen auch beeinflussen, was dort gelernt wird. Insbesondere die Finanzindustrie überschütte die Schulen mit Materialien, dränge ins Klassenzimmer und lasse dort etwa ihre Mitarbeiter über finanzielle Allgemeinbildung unterrichten. Das vermische öffentlichen Bildungsauftrag und private Geschäftsinteressen. Dies sind einige Ergebnisse aus Analysen von Lucca Möller und Reinhold Hedtke (Universität Bielefeld). Sie wurden am 9.5.2011 unter dem Titel "Wem gehört die ökonomische Bildung? [pdf] Notizen zur Verflechtung von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik" als working paper no. 1 der iböb. veröffentlicht.

Die Wirtschaftslobby und ihr nahestehende Initiativen, so die Bielefelder Studie, bildeten zusammen mit einigen Wirtschaftsdidaktikern ein politisch-pädagogisches Netzwerk, das eng mit CDU und FDP und parteinahen Stiftungen verbunden sei. 

In der ökonomischen Bildung an Schulen sähen die Verbände ihre Chance, für Positionen der privaten unternehmerischen Wirtschaft, des wirtschaftsliberal-konservativen Parteienspektrums und dazu passender wirtschaftswissenschaftlicher Konzepte zu werben. Das belegten Bildungskonzepte und Unterrichtsmaterialien, die die Lobbygruppen entwickelten und mit erheblichem Aufwand unter Kindern und Jugendlichen und an Schulen verbreiteten.

Ein Schulfach Wirtschaft im Sinne der Wirtschaftsverbände und ihrer Partner marginalisiere Positionen und Perspektiven von Gewerkschaften, Umwelt-, Sozial- und Verbraucherverbänden sowie kapitalismus- und globalisierungskritische Ansätze. Wissenschaftlicher und politischer Pluralismus seien nicht ernsthaft gefragt, politische Positionen aus dem Mitte-Links-Spektrum blieben meist ausgeblendet.

Die Ergebnisse der Bielefelder Vorstudien, so deren Verfasser, ließen befürchten, dass ein Schulfach Wirtschaft zum Fach der Wirtschaft und der Wirtschaftsverbände werde.