Atomisierung der Stundentafeln?

"Atomisierung der Stundentafeln? Schulfächer und ihre Bezugsdisziplinen in der Sekundarstufe I" heißt das dritte Working Paper der iböb, verfasst von Reinhold Hedte und Carolin Uppenbrock.
Es setzt sich mit der Forderung der Wirtschaftsverbände auseinander, multidisziplinäre Schulfächer wie Sozialwissenschaften oder Politik/Wirtschaft ganz abzuschaffen und durch monodisziplinäre Fächer wie Wirtschaft (Wirtschaftswissenschaften) oder Politik (Politikwissenschaft) zu ersetzen.
Würde die Bildungspolitik dieses Prinzip "Eine Universitätsdisziplin - ein Schulfach" umsetzen, würde sich die Fächerstruktur der Schulen tief greifend ändern.
Da die Schulfächer der Sek I sind typischerweise multidiszplinär, müsste man sie in eine Vielzahl von Einzelfächern zerlegen. Aus Deutsch würden z. B. die Unterrichtsfächer Literaturwissenschaft, Linguistik und Kulturwissenschaften.
Die Studie untersucht, welche konkreten Folgen eine Umsetzung der politischen Forderungen der Wirtschaftslobby hätte.
Beispielsweise würden aus dem multidisziplinären Fach Sozialkunde sechs disziplinscharfe Fächer: Politik(wissenschaft), Wirtschaft(swissenschaft), Gesellschaft (Soziologie), Medien(wissenschaft), Erziehung(swissenschaft und Recht(swissenschaft. Für jedes dieser Kleinfächer stünde maximal ein Schuljahr lang eine Stunde pro Woche zur Verfügung.
Die Folgen liegen auf der Hand: Es enstünden eine fragmentierte Lernkultur und eine additive Bildung. Die Vernetzung des Wissens und der Kompetenzen in den Köpfen der Lernenden ist ein schon heute kaum gelöstes Problem der Schulen. Durch eine Vielzahl disziplinscharfer Schulfächer würde es gänzlich unlösbar.
Die iböb.-Studie zeigt, dass sich durch die Schaffung vieler kleiner, disziplinscharfer Schulfächer der Anteil des fachfremd erteilten Unterrichts dauerhaft deutlich erhöhen würde (Fachlehrer-Paradox).
Sie legt auch ein Multidisziplinaritäts-Paradox offen: Einerseits fordern die Wirtschaftsverbände vehement, multidisziplinäre Unterrichtsfächer und interdisziplinäre Studienfächer wie Sozialwissenschaften abzuschaffen. Andererseits verlangen sie ebenso nachdrücklich, ein neues, multidiszpilinäres Schul- und Studienfach Wirtschaft einzuführen, das aus Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre und Rechtswissenschaft bestehen soll.

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