Die Nutzenmaximierer

In seinem Buch "Die Nutzenmaximierer" (Mohr Siebeck 2011) kritisiert Hans-Joachim Niemann die von der Theorie der Ökonomik als "Patentlösung" postulierte "einzige Duchsetzungsmethode der Moral", die "mittels geeigneter Spielregeln die Welt so verändern [will], dass alles moralische Streben mit der Verfolgung von Eigeninteressen identisch wird" (S. 2). Er stellt die "daraus resultierende Ethik des Vorteilsdenkens" zur Debatte, die auch Teile der Wirtschaftsdidaktik als Kernidee der ökonomischen Bildung propagieren.
Niemann arbeitet u.a. die "Ideologie des Vorteilsdenkens" heraus, einer "Ideologie der unausgesprochenen und heimlichen Moral, dass alle Menschen Vorteilsdenker seien, die nur vorgeben, die konventionelle Moral zu schätzen. (...) Der Egoismus, der sich bisher nicht offen zeigen durfte, erhält nun, wie gerufen, eine theoretische Untermauerung; er darf künftig ganz offen als unbändiges Vorteilsstreben auftreten und das Ende des Maßhaltens verkünden" (S. 5). Denn in der Theorie der Ökonomik, für die in Deutschland insbesondere Karl Homann und Andreas Suchanek stehen, kommt es nicht mehr auf die Moral an, sondern auf die Erfindung und Durchsetzung geeigneter Rahmenbedingungen unter der Annahme ubiquitären Vorteilsdenkens (S. 184 f.). Damit unterstütze die Ökonomik das Vorteilsdenken als heimliche Moral unserer Zeit (S. 189).
Scharf wendet sich Niemann gegen die Verabsolutierung des Gefangenendilemmas und die universelle Unterstellung von Dilemmastrukturen als "die Struktur aller Moral" (S. 185). Der Moral des Vorteilsdenkens, der die Ökonomik die theoretische Basis baut und die ethische Rechtfertigung liefere, stellt Niemann eine "kritisch-rationale Ethik" als "Problemlösungsethik" im Anschluss an Karl Popper und Hans Albert gegenüber.

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