Sozioökonomie: Die Rückkehr der Wirtschaft in die Gesellschaft

"Wirtschaften wieder mit sozialem Handeln und mit Gesellschaft zu verbinden setzt voraus, dass die Ökonomie in einen Dialog mit den Sozialwissenschaften eintritt und auch die Soziologie sich ihrerseits auf Wirtschaft und Wirtschaftstheorien einlässt. Dies ist gerade in der letzten Zeit verstärkt in verschiedenen wissenschaftlichen Kontexten der Fall, vor allem in der Wirtschaftssoziologie, aber auch in der Sozioökonomie oder Sozialökonomie. Die Sozioökonomie gewinnt gegenwärtig zunehmend an Aufmerksamkeit ..." (Mikl-Horke 2011, 9).
Getraude Mikl-Horke (Hg.): Sozioökonomie: Die Rückkehr der Wirtschaft in die Gesellschaft. Marburg: Metropolis 2011.
Getraude Mikl-Horke
Was ist Sozioökonomie?
(S. 19-58)
"Um Probleme gegenwärtiger Wirtschaft zu untersuchen, genügt es nicht, das Verständnis der Mainstream-Ökonomie zugrunde zu legen und dieses durch Inputs aus anderen Wissenschaften zu ergänzen; die verschiedenen in der Ökonomie existierenden orthodoxen und heterodoxe Theorierichtungen müssen vielmehr in Bezug auf ihre Bedeutung für die Sozioökonomie stärker als bisher integriert werden. Insbesondere sollte es einer Sozioökonomie um die Reflektion über Grundlegendeannahmen bezüglich des individuellen Handelns sowie über die Bedeutung und Berechtigung konventioneller Begriffe in gegenwärtigen Ökonomiediskursen wie Interessen, Ressourcen, Effizienz, Rationalität etc. gehen. Dafür könnten das Konzept des Interesses, wie es Swedberg versteht (Swedberg 2009, 305 ff), der Individualismus und Subjektivismus der Austrian Economics oder die substantialistische Konzeption der Wirtschaft von Karl Polanyi Anstöße zum Nachdenken liefern.
Sozioökonomie bedarf aber auch gesellschaftstheoretischer Konzeptionen und die Sozialtheorien etwa von Parsons, Coleman, Bourdieu, Habermas, Luhmann, die teilweise ohnehin bereits von Ökonomen und Betriebswirten für ihre Zwecke instrumentell eingesetzt werden, können in einer Sozioökonomie nicht unberücksichtigt bleiben." (Mikl-Horke 2011, 51 f.)
Karl-Michael Brunner, Markus Spitzer, Anja Christanell
Energiekonsum und Armut
(S. 319-348)
"Energiepraktiken sind von einer Vielzahl an Einflussfaktoren bestimmt und in soziale, kulturelle und materielle Kontexte eingebunden dies berücksichtigend, brauchen auch Maßnahmen zur Steuerung von Energiepraktiken in Richtung Energieeffizienz und Nachhaltigkeit einen Policy-Mix. Preissignale und Informationsmaßnahmen sind zwar häufig notwendige, aber oft keine hinreichenden Voraussetzungen für eine Veränderung von Energiepraktiken. Konsum hat systemischen Charakter, d. h. Konsummuster sind sozial und kulturell eingebettet, mit technischen Systemen verkoppelt und in oft weltweit verflochtene Produktions- und Vermarktungssystem in involviert, d.h. es gibt nicht den Hebel zur Veränderung. Transformationen werden meist nur durch das Ineinandergreifen von und die wechselseitige Stützung verschiedener Strategien, Instrumente erzielt." (Brunner u. a. 2011, 344 f.)